European Summer School

Bezahlbares Wohnen in Europa: Wie machen es unsere Nachbarländer?

Wie lässt sich bezahlbares Wohnen finanzieren? Das ist nur eine von vielen Fragen, mit denen sich die Wohnungswirtschaft in ganz Europa auseinandersetzt. Jedes Land arbeitet für sich an Lösungen und entwickelt neue Instrumente. Bei der European Summer School im EBZ beleuchteten rund 25 junge Nachwuchskräfte aus sechs europäischen Ländern Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Handlungsoptionen.

Wohnungswirtschaft funktioniert in den einzelnen europäischen Ländern unterschiedlich; eine EU-übergreifende Definition von „social housing“ gibt es nicht. In Deutschland sind die Rahmenbedingungen für den sozialen Wohnungsbau klar festgelegt. Dieser nimmt im gesamten Wohnungsbestand jedoch einen immer geringeren Anteil ein – auch im europäischen Vergleich (Platz 15 mit 3,9%). Hier liegen die Niederlande an der Spitze mit einem 30%-Anteil im gesamten Wohnungsbestand, gefolgt von Österreich (24%) und Dänemark (20%). Allerdings gibt es auch Staaten, in denen der soziale Wohnungsbau weit weniger stark verankert ist und Wohneigentum dominiert. Dazu gehört beispielsweise Spanien wie auch viele osteuropäische Länder.

Zwar zählt die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu einer der größten Herausforderungen der Wohnungswirtschaft in ganz Europa, doch herrschen bezüglich der Finanzierung länderspezifische Unterschiede und Rahmenbedingungen. Dies stellten die rund 25 Teilnehmer aus den Niederlanden, Deutschland, Belgien, Frankreich, Irland und Italien bei der European Summer School im EBZ fest.

Sie lernten die verschiedenen Finanzierungssysteme in allen beteiligten Ländern kennen und bewerteten unterschiedliche Instrumente. Italien sahen sie dabei als positives Beispiel. Dort etablierte eine private, gemeinnützige Stiftung unabhängig von Regierungsprogrammen ein Finanzierungsmodell für sozialen Wohnungsbau basierend auf einem ethischen Immobilienfonds (private und öffentliche Investitionen) und öffentlich-privaten Partnerschaften (Public Private Partnerships, PPP). Als innovatives Finanzierungsinstrument aus Großbritannien bewerteten die Teilnehmer die sogenannten „performance bonds“, bei welchen die Höhe der Zinssätze an das Erreichen der strategischen Ziele des Unternehmens gekoppelt werden. Aus Deutschland gilt vor allem das Wohngeld als „Best Practice“.

Kritisch gesehen wurde hingegen, dass die Mietpreisbindung für Sozialwohnungen in Deutschland zeitlich begrenzt ist. Gleiches gilt für die Usufruct-Modelle aus Frankreich, bei denen gefragte Grundstücke zu reduzierten Preisen zunächst 15 bis 20 Jahre als sozialer Wohnungsbau dienen, dann jedoch uneingeschränkt von dem Investor genutzt werden können. Solche Lösungen seien nicht nachhaltig.

Neben Fachvorträgen von hochkarätigen Experten und interaktiven Workshops besuchten die Teilnehmer das Landesministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. Hier stellte ihnen Rita Tölle, Leiterin des Referates 407 Bestandsförderung im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen die soziale Wohnraumförderung des Landes Nordrhein-Westfalen vor. Im Anschluss lernten die Young Professionals das deutsche Genossenschaftsmodell am Beispiel der Düsseldorfer Bau- und Spargenossenschaft eG kennen. Zudem besichtigten sie das Neubauprojekt „Kastanienhöfe“, welches trotz des angespannten Wohnungsmarktes in Düsseldorf einen Teil Sozialwohnungen und einen Teil preisreduzierte Wohnungen enthält.

Auch die städtische Dimension wurde während der European Summer School thematisiert. Im Mittelpunkt stand dabei der Zusatz „Co-“: Co-Governance, Co-Design, Co-Creation, und schließlich Co-City, das gemeinsame Gestalten städtischer Lebensräume und Nachbarschaften. Als „Best Practice“ wurde u.a. das Projekt „Starters Up!“ des niederländischen Wohnungsunternehmens Eigen Haard identifiziert. Es unterstützt Wohnungslose, aber auch junge Menschen, die es schwer haben, im Hot-Spot Amsterdam eine Wohnung zu finden. Darüber hinaus verfolgt das Projekt das Ziel, eine starke Gemeinschaft aufzubauen. Die Mieter sollen sich selbst organisieren und Gemeinschaftsräume, -gärten und -flächen zusammen nutzen, verwalten und instand halten. Die Wohneinheiten sind als Studios eher klein gehalten, um Anreize zu schaffen, die großzügigen Gemeinschaftsanlagen zu nutzen.

Neue Denkanstöße aus Wissenschaft und Forschung sowie Beispiele aus der Praxis bereicherten den Erfahrungsaustausch und setzten neue Impulse, die die Teilnehmer in ihre Unternehmen tragen.

Die European Summer School wurde veranstaltet von der EBZ Business School, der EFL European Federation for Living und Housing Europe, dem europäischen Verband des öffentlichen, kooperativen und sozialen Wohnungswesens sowie der IWO – Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa, mit der freundlichen Unterstützung der EFL Expertise B.V.. Die nächste European Summer School wird im Sommer 2019 stattfinden.