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17. April 2019 - Branchentrends

Controlling in der Wohnungswirtschaft – Kennzahlen richtig analysieren

Die passenden Kennzahlen unterstützen bei der erfolgreichen Steuerung eines Unternehmens und sind bei der Findung der strategischen Richtung behilflich. Von Prof. Dr. Dirk Wenzel erfahren wir mehr über die Verwendung der richtigen Kennzahlen.

Prof. Dr. Dirk Wenzel

 

Unternehmensberater

Lehrbeauftragter für Rechnungswesen und Steuern in der Immobilienwirtschaft

 

EBZ Akademie: Herr Prof. Dr. Wenzel, wie wichtig ist die Arbeit mit Kennzahlen für die Steuerung wohnungswirtschaftlicher Unternehmen?

Einerseits ist die Arbeit mit Kennzahlen bereits im Zusammenhang mit der Erstellung des Jahresabschlusses bedeutsam. Immerhin fordert  § 289 HGB, dass der Lagebericht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt. Das schließt nach DRS 20 (Konzernlagebericht) unter anderem ein, mit Hilfe von Kennzahlen die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft abzubilden.

Andererseits können die Kennzahlen auch als Gradmesser für Leistungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit der Unternehmen gelten.

EBZ Akademie: Welche Kennzahlen sind für die Beschreibung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage besonders geeignet? 

Ausdruck einer stabilen Vermögenslage ist die Einhaltung der goldenen Bilanzregel, die eine Fristenkongruenz von Vermögen (Aktiva) und Vermögensquellen (Passiva) fordert. Die Vermögenslage gilt stets dann als solide, wenn das langfristig gebundene Vermögen auch langfristig, durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital, finanziert ist. Das kommt in den Kennzahlen der Anlagendeckung zum Ausdruck.

Von einer geordneten Finanzlage kann gesprochen werden, wenn das Unternehmen jederzeit in der Lage ist, die fälligen Verbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen. Inwieweit dies gelingt zeigen die Liquiditätskennzahlen. Die Finanzlage lässt sich aber auch durch die Eigenkapitalquote, durch Cashflow-Größen oder eine umfassende Kapitalflussrechnung beschreiben.  

Ausdruck einer soliden Ertragslage ist der Nachweis einer langfristigen positiven Ergebnisentwicklung und die Tatsache, dass dieses Ergebnis zum überwiegenden Teil aus den typischen betrieblichen Prozessen resultiert (Betriebsergebnis). 

EBZ Akademie: Sind die von den Unternehmen, den  Wirtschaftsprüfern oder auch von den Banken ermittelten Kennzahlen stets vergleichbar oder gibt es Abweichungen bei der Berechnung und somit in den Ergebnissen?

Ja, denn bei der Analyse von  Jahresabschlüssen verschiedener Unternehmen zeigt sich, dass die Wege zur Ermittlung bestimmter Kennzahlen durchaus unterschiedlich sein können. Das ist aber legitim, hängt das doch mit unterschiedlichen theoretischen Grundüberlegungen zusammen.  Um Werte aber auch überbetrieblich vergleichen und sich an anderen Unternehmen messen zu können, ist eine einheitliche Berechnungsgrundlage erforderlich. 

EBZ Akademie: Was meinen Sie mit „unterschiedlichen theoretischen Grundüberlegungen“?

Es kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass eine einheitliche Herangehensweise bei der Ermittlung von Kennzahlen besteht, deren Vergleichbarkeit ist aber nur bei gleichen Berechnungsmethoden möglich, was nicht immer der Fall ist. 

Sichtbar wird dies beispielsweise bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote. Die meisten Unternehmen beziehen sich dabei auf ein „Bilanzielles Eigenkapital“, andere auf ein „Bilanzanalytisches Eigenkapital“ und wieder andere auf ein „Wirtschaftliches  Eigenkapital“.

EBZ Akademie: Worin bestehen die Unterschiede zwischen diesen Eigenkapitalbegriffen?

Wer vom „Bilanziellen Eigenkapital“ ausgeht, berechnet die Eigenkapitalquote auf der Basis des in der Bilanz nach § 266 Abs. 3 HGB ausgewiesenen Eigenkapitals. 

Ist die Rede vom „Bilanzanalytischen Eigenkapital“ wird das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital um die Werte langfristiger Rückstellungen und der Sonderposten, etwa für Investitionszulagen, erweitert.

Wer ein „Wirtschaftliches Eigenkaptal“ unterstellt, erweitert den Wert des bisher benannten Eigenkapitals um die stillen Reserven der Immobilienbestände und meint dann eine „bereinigte Eigenmittelquote“. 

EBZ Akademie: Gibt es weitere Kennzahlen, deren Ermittlung und Darstellung im Jahresabschluss problembehaftet sein können?

Ja, hier ist insbesondere auf die Darstellungen zur Kapitalflussrechnung zu verweisen.

Rechtlich gesehen müssen nur kapitalmarktorientierte Unternehmen (§ 264 Abs. 1 S. 2) und Unternehmen, die einen Konzernabschluss erstellen (§ 297 Abs. 1 HGB) eine Kapitalflussrechnung ausweisen.

Mittlerweile gehört es aber zum „Guten Ton“ vieler Wohnungsunternehmen, den Jahresabschluss freiwillig um eine Kapitalflussrechnung zu ergänzen. Und auch hier ist erkennbar, dass die Darstellungen nicht immer in einer Form erfolgen, die den Regelungen des DRS 21 entsprechen. Sicher gibt es auch bezüglich dieser Größe Abstimmungs- und Klärungsbedarf.

 

Herr Prof. Dr. Wenzel ist bereits seit mehr als fünf Jahren regelmäßig in Seminaren und Lehrgängen der EBZ Akademie im Einsatz. Einen seiner nächsten Auftritte hat er am 07.06.2019 im Rahmen des Arbeitskreises Controlling.

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Über den Autor

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Christian Kesselring

Stellv. Leiter, EBZ Akademie

Der Praxisbezug sollte in der Erwachsenbildung im Vordergrund stehen. Aus diesen Grund beziehe ich bei der Entwicklung von Bildungsangeboten immer Menschen ein, für die das Angebot konzipiert werden soll.