
Was ändert sich im Mietrecht? – Experten im Gespräch
Aktuelle Gesetzesinitiativen und Gerichtsurteile müssen Wohnungs- und Immobilienunternehmen in ihre tägliche Arbeit integrieren. Aktuell führen die Europäische Energieeffizienzrichtlinie (EED) und das deutsche Klimaschutzmaßnahmenpaket zu gravierenden Änderungen im Miet- und Betriebskostenrecht. Aber auch auf die Novellierung des WEG-Gesetzes müssen sich Immobilienunternehmen im Jahr 2021 einstellen. Daher hat das EBZ Experten des Mietrechts im Vorfeld der Mietrechtstagung 2021 zu genau diesen Themen interviewt...
EBZ Akademie: Was ist voraussichtlich das mietrechtliche Thema im Jahr 2021?
Füllbeck: Am 01.12.2020 trat das neue Wohnungseigentumsrecht in Kraft. Es gibt sehr viele Änderungen für die Verwalter, aber auch für die Wohnungseigentümer. Die Praxis wird zeigen, ob sich die umfangreiche Novellierung auszahlen wird. Einige Vorschriften sind zudem nicht klar formuliert, so dass auch die Rechtsprechung abgewartet werden muss.
Herlitz: Neben den Auswirkungen der Pandemie auf das Mietrecht – Stichwort: Wegfall der Geschäftsgrundlage im Gewerberaummietrecht - verspricht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Mietendeckel spannende Diskussionen auf der Bundes- und Landesebene. Im Jahr 2021 findet nicht nur die Bundestagswahl statt, sondern eben auch zahlreiche Landtagswahlen. Insofern wird es auch beim Thema Miete wieder den ein oder anderen Vorschlag zur Verschärfung des Mietrechts geben. Aktuell befindet sich der Entwurf zur Reform des Mietspiegelrechts in der Beratung. Nach jetzigem Stand könnte die Reform Mitte des Jahres verabschiedet sein.
Dr. Vogler: 2021 wird das Jahr des Klimaschutzes: in der EU werden in Umsetzung des Green Deal die Richtlinien überarbeitet, die dann in den Mitgliedsstaaten umzusetzen sind. Dabei wird ein in der EU noch zu beschließendes höheres Klimaschutzziel für 2030 von mindestens -55% leitend sein. In Deutschland wird Klimaschutz die politische Debatte zur Bundestagswahl mitprägen. Die Wohnungswirtschaft wird sich vor allem mit einer neuen Heizkostenverordnung und der Umlagefähigkeit des CO2-Preises auseinandersetzen, aber auch mit den verbesserten Regelungen des GEG, des EEG und der BEG arbeiten können.
EBZ Akademie: Hat Corona Auswirkungen auf das Mietrecht 2021? Wenn ja, welche?
Füllbeck: Grundsätzlich nicht. Problematisch ist nur, dass durch die dynamische Lage und durch die ständig wechselnden CORONA-Vorschriften kaum Eigentümerversammlungen stattfinden können. Der Gesetzgeber hat es im März 2020 versäumt, den Verwaltern bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften flexiblere Möglichkeiten zur Willensbildung (z. B. Umlaufbeschluss durch Mehrheit o. ä.) zu verleihen. Viele Eigentümergemeinschaften konnten in diesem Jahr keine Eigentümerversammlungen abhalten. Wann und wie es dann im Jahr 2021 weiter gehen kann, ist auch völlig unklar.
Herlitz: Als eines der letzten Gesetze ist die Anwendbarkeit der Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Gewerberaummietrecht in Kraft getreten. Damit ist eine Klarstellung verbunden, dass sich eben ein Umstand aufgrund der Pandemie schwerwiegend verändert hat. Die Beschränkung auf Gewerberecht erscheint richtig. Denn aufgrund der Auswirkungen gerade in diesem Bereich wäre eine Erweiterung auch auf das Wohnraummietrecht schwer zu rechtfertigen.
EBZ Akademie: Welchem Thema sollte mietrechtlich mehr Beachtung geschenkt werden?
Füllbeck: Mit der WEG-Reform seit dem 01.12.2020 hat der Gesetzgeber auf einige Probleme reagiert. Insoweit müsste hier erstmal abgewartet werden, ob sich die Veränderungen bewähren oder ob nachgebessert werden muss. Im Sinne einer vernünftigen Dienstleistung, wäre es aber gut, wenn die Wohnungseigentümer die professionellen Anstrengungen der Verwalter angemessen honorieren. Bisher arbeiten die Verwalter mit Pauschalen; das ist auf Dauer aber kein gesundes Mittel. Die Anforderungen sind seit Jahren gestiegen und verlangen den Verwaltern einiges ab (z. B. Weiterbildungspflicht, zertifizierter Verwalter, Digitalisierung etc.).
Herlitz: Derzeit ist das Thema Mietrecht sehr stark von politischen Implikationen geprägt. Man sollte aber nicht glauben, dass das Mietrecht gesamtgesellschaftliche Probleme löst. Bezahlbares Wohnen, die Energiewende oder altersgerechtes Wohnen schaffen wir nicht mit Verschärfungen beim Mietrecht. Die Miete steht am Ende der Preiskette, der Mietvertrag bleibt ein Vertrag zwischen zwei Parteien im Rahmen der Privatautonomie. Insofern ist zu hoffen, dass man das Mietrecht nicht ständig anfasst und die zahlreichen Änderungen seit 2013 erst mal wirken lässt.
Dr. Vogler: Die im Sektorvergleich immensen Kosten für die Vermeidung einer Tonne CO2 durch energetische Modernisierung von Gebäuden finden politisch zu wenig Beachtung. Europa ist da interessanterweise weiter als Deutschland. Die EU misst die Renovierungsrate nämlich an der Einsparung nicht-erneuerbarer Primärenergie, während Deutschland allein die Dämmung der Gebäudehülle im Blick hat.

Massimo Füllbeck
Langjähriger Fachtrainer für Immobilienverwaltung für die EBZ Akademie
Eine Sache, welchen vielen gehört, wird schlechter verwaltet als eine Sache, die dem einzelnen gehört. (Aristoteles 384-322 v. Chr.)
Da ist was dran! Dieser Umstand kann aber durch eine professionelle WEG-Verwaltung egalisiert werden! Massimo Füllbeck

Carsten Herlitz
GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.
Jusitiziar GdW, Lehrbeauftragter an der EBZ Business School

Dr.-Ing. Ingrid Vogler
GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.
Leiterin Energie und Technik, Referat Energie, Bauen, Technik
Weiterführende Informationen
Wir freuen uns sehr auf die anstehende Fachtagung, in welcher wir u.a. genau diese Themen besprechen werden: Mietrecht - Aktuelle Rechtsprechung und Trends
Zum Thema Mietrecht bieten wir verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten an. Weitere Informationen finden Sie hier