
Risikomanagementsysteme auf dem Prüfstand – Relaunch oder Papierkorb?
Das Risikomanagement in Wohnungsunternehmen gehört zu den strategischen Aufgaben. Nur durch ein gut eingestelltes Management ist eine verlässliche Unternehmensplanung möglich. Wie ein System hierbei unterstützt und was ein System leisten muss, erläutert uns Frank Fiolka.

Frank Fiolka
Wirtschaftsprüfer bei der Domus AG
EBZ Akademie: Herr Fiolka, Sie haben im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer bereits viele Risikomanagementsysteme in Wohnungsunternehmen gesehen. Was war Ihr Eindruck?
Frank Fiolka: Häufig findet man rein kennzahlenbasierte Risikofrüherkennungssysteme – die dann auch für den Quartalsbericht an den Aufsichtsrat verwendet werden. Da werden dann meist durch das Controlling im stillen Kämmerchen Zahlen ausgewertet und mit dem Wirtschaftsplan oder Branchenbenchmarks verglichen. Im Ergebnis vermittelt das Riskmanagement dann ein gutes Gefühl. Das wars dann aber auch. Pflicht erfüllt.
Die Kür der Risikomanagementsysteme sieht anders aus. Da geht es dann eher um strategische Risken, die sich nicht immer mit quantitativen Kennzahlen messen lassen.
Risikomanagementsysteme haben den Ruf „Papiertiger“ zu sein. Was unterscheidet „lebende“ von „nicht lebenden“ Risikomanagementsystemen?
Den leicht verstaubten Ordner mit der Aufschrift „Risikomanagement“, der nur für den Prüfer vorgehalten wird, findet man natürlich auch manchmal.
Ein „lebendes“ Risikomanagement beginnt immer mit der Implementierung einer Risikokultur. Alle Mitarbeiter sind aufgefordert, Risiken zu erkennen und angstfrei zu kommunizieren. Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um die Möglichkeit frühzeitig auf Risiken reagieren zu können.
Dabei gilt der Grundsatz: Nur bekannte Risiken können beeinflusst werden. Also müssen in Workshops erst einmal Risikobereiche und potentielle Einzelrisiken identifiziert werden.
Bei „lebenden Systemen“ trifft sich dann regelmäßig der Risikoausschuss und diskutiert die Risikoeinschätzungen.
Häufiger Knackpunkt bei Risikomanagementsystemen sind die Schwellenwerte. Kritiker werfen vor, Unternehmen geben sich gerne Schwellenwerte, die sowieso nicht überschritten werden. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?
Einerseits soll natürlich im Sinne eines Früherkennungssystems vor unerwarteten nicht beherrschbaren Risken für das Unternehmen gewarnt werden. Dann ist es auch okay, wenn die Schwellenwerte etwas höher liegen. Es geht ja „nur“ um Leben oder Tod. Letzterer soll vermieden werden.
Wenn es aber um eine echte kennzahlenbasierte Steuerung des Unternehmens geht, dann bin ich nicht mehr beim Risikomanagement, sondern im Controlling. Da dürfen dann Auswertungen gerne auch etwas differenzierter und Schwellenwerte etwas knapper bemessen sein.
Was muss eine modernes Risikomanagement denn neben Risikokennzahlen noch leisten?
Häufig liegen die wahren Risiken für ein Unternehmen doch gar nicht im operativen Bereich. Mieteinahmen und die wichtigsten Ausgabenpositionen haben die meisten Unternehmen weitgehend im Griff.
Risikomanagement muss den Blick auf andere Risikobereiche weiten:
- Externe Risiken
- Strategische Risiken
- Personalrisken
- IT-Risiken.
Das Risiko des Fachkräftemangels im Personalbereich oder der Verfügbarkeit bzw. des Datenverlusts im IT-Bereich kann man mit Kennzahlen nicht messen. Moderne Risikomanagementsysteme müssen auch das im Auge behalten und Veränderungen bei Risikoeinschätzungen dokumentieren.
Frank Fiolka ist Wirtschaftsprüfer und seit mehr als 20 Jahren bei der Domus AG in der Prüfung und Beratung von Immobilienunternehmen tätig. Am 11.10.2019 referiert er im Rahmen des Arbeitskreis Interne Revision und am 06.12.2019 beim Arbeitskreis Controlling zum Thema Risikomanagementsystem – „Kulturchanger“ oder „Papiertiger".