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08. August 2017 - Personalentwicklung

Stärkenfokussiert statt defizitorientiert: Elke Nippold-Rothes zur positiven Psychologie

Die „Positive Psychologie“ ist eine aktuelle Forschungsrichtung der wissenschaftlichen Psychologie. Sie beschäftigt sich mit der Auswirkung po­sitiver Gefühle auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Menschen. Ihr Ziel ist, Menschen zu befähigen, ihr Po­tenzial voll zu entfalten und zur Geltung zu bringen. Die „Positive Psychologie“ zeigt wissenschaftlich fundierte Wege, wie Unternehmen diese Erkenntnisse in die eigene Kultur integrieren und damit zu außergewöhnlich guten Ergebnissen kommen können.

POTENZIALE UND RESSOURCEN NUTZEN

Warum ist dieser Ansatz vor allem für die Immobilienbranche interessant? Im­mobilienunternehmen stehen momen­tan vor großen Herausforderungen: Als Stichworte seien die gestiegene Nachfra­ge vor allem in der Wohnungswirtschaft, hohe Kundenansprüche, Digitalisierung und neue Technologien genannt. Hinzu kommt die schärfere öffentliche Beobach­tung durch die Möglichkeiten der Social Media. Die Immobilienwirtschaft ist also gut beraten, die Potenziale und Ressourcen ihrer Mitarbeiter stärker als bisher zu nut­zen. In vielen Fällen sieht die Realität aber anders aus: Stark reglementierte Prozesse, jahrelang eingefahrene Verhaltensmuster und wenig inspirierende Führungskräfte gehören häufig zum Alltag. Die Möglichkeiten der „Positiven Psy­chologie“ können Immobilienunterneh­men dabei unterstützen, Führungskräfte und Mitarbeiter zu stärken. Dabei benö­tigen unterschiedliche Unternehmen un­terschiedliche Interventionen: Die einen müssen lebendiger, agiler, schneller und ideenreicher werden. Andere brauchen eigenverantwortliche und zufriedene Mit­arbeiter, die mit Arbeitsverdichtung und erhöhtem Tempo klarkommen.

In einigen Unternehmen hat das The­ma als „Positive Leadership“ bereits Einzug gehalten. Dies ist ein revolutionäres Verständnis von Führung, in dem syste­misches Denken mit Erkenntnissen aus der Psychologie der positiven Emotionen, der Gehirnforschung und der modernen Organisationsforschung integriert wird. Zugleich ist „Positive Leadership“ ein er­probtes Instrumentarium, mit dem Füh­rung in Organisationen wirkungsvoller und zugleich leichter wird. Die Einstellung macht also den Unterschied: stärkenfo­kussiert statt defizitorientiert. Konkrete Fragen, mit denen sich Un­ternehmen auf Basis von „Positive Leader­ship“ beschäftigen, sind:

  • Was befähigt Menschen, ihre Stärkenvoll zu nutzen und auszubauen?
  • Wie können Mitarbeiter unterstützt wer­den, Ideen zu entwickeln?
  • Wie lassen sich körperliche und geistige Ressourcen aufbauen und soziale Kom­petenzen erweitern?
  • Wie gelingt lebenslanges Lernen?
  • Welche Arbeitsatmosphäre brauchen Menschen, um Leistung und Spaß an der Tätigkeit verbinden zu können?

Dabei kommt den Führungskräften eine zentrale Bedeutung zu. Neben den richtigen Personalentscheidungen wird eine konsequente Führungsausbildung gebraucht, die auf Grundlage eines im Unternehmen definierten Führungsver­ständnisses aufgebaut wird. Kunden und Mitarbeiter rücken dadurch gleicherma­ßen in den Mittelpunkt. Erste Wohnungsunternehmen haben diesen Zusammenhang erkannt und sich auf den Weg gemacht. Dazu gehört die Rheinwohnungsbau GmbH, die rund 6.600 Wohnungen in Düsseldorf, Duis­burg, Meerbusch und Berlin bewirt­schaftet. Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten eine strukturierte Führungskräfteausbildung und Zukunfts­werkstätten mit allen Mitarbeitern durch­ geführt. Rheinwohnungsbau ist bereits vor zwei Jahren gestartet und zwar mit einer grundlegenden Analyse der Strategie­felder: Arbeit mit Sinn verbinden, posi­tives Arbeitsklima, gute Beziehungen und positive Kommunikation. Zunächst wur­de dazu eine Mitarbeiterbefragung durch­ geführt. Sie brachte beste Ergebnisse bei Sinn, Stolz und Verbundenheit der Mitar­beiter. Entwicklungsfelder wurden bei der Nachfolgeplanung, der Führungsstruktur und den Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter identifiziert. Deshalb wurde gemeinsam mit der Geschäftsführung ein passgenaues Personalentwicklungs­konzept entwickelt, aufbauend auf den vorhandenen Stärken. Regelmäßige Mit­arbeitergespräche sind dabei ein zentrales Führungsinstrument.

Ein Jahr später legte Rheinwohnungs­bau den Grundstein für eine „positiv lernende Organisation“ mit verschie­denen „Lerntransfer“-Workshops. Die definierten Maßnahmen wurden in spe­zifischen Trainings gefestigt, ihre Umset­zung wird nun von eigens dafür ausgebil­deten Führungskräften begleitet. Auf dieser Grundlage aufbauendstartete das Unternehmen im November das Projekt RWB 2.0 – die Einbeziehung aller Mitarbeiter in Zukunftswerkstätten.

Dieser Prozess wäre ohne die vorangegan­genen Aktivitäten nicht möglich gewesen. Rund 60 Mitarbeiter – Geschäftsführung, Führungskräfte, alle Mitarbeiter der ope­rativen und zentralen Einheiten, Vertreter der Generation Y, Hauswarte – haben sich in sechs Workshops mit den Herausforde­rungen der Zukunft und den spezifischen Themen der Wohnungswirtschaft ausein­andergesetzt: Digitalisierung, Nachhaltig­keit, Wertewandel, Demografie, Globali­sierung, Arbeitswelt 4.0.

BESSERER UNTERNEHMENSERFOLG

„Unsere Mitarbeiter haben ihre besonderen Stär­ken eingebracht, um neue Ideen zur Kun­denzufriedenheit und neue Geschäfts­felder zu entwickeln und somit unseren Unternehmenserfolg auch nachhaltig zu sichern – das schafft Mitarbeiterzufrie­denheit und wirtschaftlichen Erfolg. Im Ergebnis haben wir schon jetzt eine Win-win-Situation“, resümiert Thomas Hum­melsbeck, Geschäftsführer/Vorsitzender der Rheinwohnungsbau.

Ein weiteres Unternehmen, das sich bereits die Erkenntnisse der „Positiven Psychologie“ zunutze macht, ist die Hwg, eine Genossenschaft aus Hattingen mit einem Bestand von rund 4.000 Woh­nungen. Die Schwerpunkte sind hier: eine strukturierte Führungskräfteausbil­dung, ein Personalentwicklungskonzept zur bestmöglichen Stärkenentwicklung der Mitarbeiter und ein positives Ar­beitsklima durch hohe Ansprüche an die Arbeitsrahmenbedingungen. „Unseren Unternehmenserfolg führen wir im We­sentlichen auf die Kompetenzen unserer Führungskräfte und Mitarbeiter zurück, und diese Kompetenzen müssen stets ak­tuell gehalten werden,“ beschreibt Erika Müller-Finkenstein, Vorstand der Hwg Hattingen, die Motivation für die Maß­nahmen.

Der Fokus wurde zunächst auf die Führungskräfte gelegt: Zu Beginn wur­den ihre Kompetenzen analysiert, ihre (Führungs-)Persönlichkeit reflektiert und wirksame Führungsmethoden und -instrumente aufgefrischt. „Der richtige Umgang mit Feedback, sowohl von uns Vorständen an die Führungskräfte als auch von den Führungskräften an ihre Mitarbeiter und umgekehrt, erfordert ein hohes Maß an Feingefühl und Einschät­zungsvermögen“, so Müller-Finkenstein.

Der dazu erforderliche Selbst- und Fremd­bildabgleich, das gegenseitige Einschätzen von Kompetenzen und das Entwickeln eines Stärken- und Schwächenprofils wurden in mehreren Workshops sowohl mit der Führungsmannschaft als auch mit allen Mitarbeitern trainiert. Während der anschließenden Personalentwicklungs­runden diskutierten Vorstand und Füh­rungskräfte die Potenziale und Entwick­lungsmöglichkeiten ihrerMitarbeiter. Zu­dem hat Hwg einen Schwerpunkt auf die Arbeitsrahmenbedingungen gelegt: Helle, modern eingerichtete Büros, großzügige Rückzugsorte für Pausen, Sitzlandschaf­ten, Grünpflanzen und moderne Kunst sollen ideale Bedingungen zum Arbeiten bieten.

Der wirtschaftliche Erfolg der beiden Unternehmen zeigt, dass ein positives Ar­beitsklima, eine Fokussierung auf die Stär­ken der Mitarbeiter und ein stringenter und nachhaltiger Aufbau von positiven Beziehungen der richtige Weg für starke Immobilienunternehmen ist.

Dieser Artikel ist zum ersten Mal erschienen in der: IMMOBILIENWIRTSCHAFT 12/2016 01/2017

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Über den Autor

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Elke Nippold-Rothes

Stellv. Akademieleiterin, Beraterin, Trainerin, Coach

„Veränderungsprozesse in Organisationen erfolgreich gestalten und attraktive Arbeitgeber der Wohnungswirtschaft zu entwickeln, das sind die Herausforderungen denen ich mich widme und für die ich Ihnen Lösungen anbiete".